Gregory Autin | January 8, 2025
Zwischen dem 13. und 20. September 2024 wurde Niederösterreich von einem katastrophalen „Jahrhunderthochwasser“ heimgesucht. Die Überschwemmungen offenbarten Defizite bei Dämmen und Flussläufen in ganz Niederösterreich, wo mehr als 40 niederösterreichische Gemeinden zum Katastrophengebiet erklärt wurden. Rettungsdienste, Bürgermeister und Experten sehen Versäumnisse bei den Wasserverbänden und dem Land als Aufsichtsbehörde.
Wenig Verständnis für den Natur- und Artenschutz zeigte der für den Katastrophenschutz zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) in der Diskussion um die Einhaltung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der EU in Bezug auf die Wirksamkeit von Schutzbauten nach dem Hochwasser in Niederösterreich im September 2024. Wo „Hochwasserschutzmaßnahmen sind, hat ein Biber und hat eine Schnecke nichts verloren“, sagte er und schob damit die Verantwortung für die Versäumnisse von sich und der Landesregierung weg.
Die Amtshaftung für unterlassenen Hochwasserschutz bezieht sich auf Jahrhunderthochwasser. Das WRG (Wasserrechtsgesetz 1959) ist nicht dazu gedacht, Schäden durch ein katastrophales Hochwasser zu verhindern, das statistisch gesehen nur etwa alle hundert Jahre auftritt. Die letzten „Jahrhunderthochwasser“ in Niederösterreich ereigneten sich jedoch vor 11 und 22 Jahren im Juni 2013 und August 2002, aber auch schon 70 Jahre früher im Juli 1954.
Primäres Ziel und Grundgedanke der Grundrechte zur Zeit der Kodifizierung des Wasserrechts im 19. Jahrhundert war es, einen Freiraum für den Einzelnen zu schaffen und ihn insbesondere vor staatlichen Eingriffen zu schützen. Andererseits sind die Behörden aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit bzw. der Rechtssicherheit verpflichtet, den Schutz von Leben und Eigentum der Bürger zu gewährleisten und auch bei selteneren Hochwasserereignissen geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Vor allem ein Dammbruch an der Perschling wird heftig diskutiert, denn die Mängel der Perschling-Talsperre sind seit dem Zweiten Weltkrieg längst bekannt. Die Betroffenen in der Region, wo insgesamt 20 Dämme gebrochen sind, führen ihre Schäden nicht nur auf die Folgen der Naturkatastrophe, sondern auch auf die Mängel der Dämme zurück. Es wird nun eine Klage gegen das Land Niederösterreich erwogen.