Gregory Autin | October 11, 2024

Unter Manuduktionspflicht versteht man die Verpflichtung von Behörden und Berufsgruppen, unvertretenen oder unqualifizierten Personen Rechtsbelehrung durch Behörden oder Berufsgruppen zu erteilen.  In der Regel muss die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteivertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen oder -unterlassungen nötige Anweisungen in der Regel mündlich zu erteilen und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.

Die Manuduktionspflicht bedeutet, dass die Behörden diejenigen Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteivertreter (z.B. Rechtsanwälte) vertreten sind, im Verfahren „an die Hand nehmen“ müssen.  Diese Belehrungs- und Anleitungspflicht bezieht sich nur auf verfahrensrechtliche Handlungen und die damit verbundenen Folgen.  Die Behörde ist jedoch nicht verpflichtet, die Partei über inhaltliche Rechtsfragen aufzuklären.

Die Manuduktionspflicht ist auch die Obliegenheit, eine nicht durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei über bestimmte geltende Rechte zu informieren und auf Fehler im Verfahren hinzuweisen.  In gerichtlichen Verfahren hat der Richter oder die Behörde eine Belehrungs- und Anleitungspflicht gegenüber nicht anwaltlich vertretenen Personen, die über die sachliche Prozessführung hinausgeht.  Diese Pflicht bezieht sich hauptsächlich auf das Zivilprozessrecht.

Bei der Prozessführung ist das Gericht verpflichtet, die Parteien durch Befragung und Belehrung zu möglichst vollständigem und schlüssigem Vorbringen zu unterstützen.  Verletzt der Richter diese Belehrungs- und Anleitungspflicht, kann dies unter Umständen zur Nichtigkeit des Verfahrens führen. 

In Österreich etwa geht die behördliche Belehrungs- und Informationspflicht nicht so weit, dass eine Partei über den Inhalt von Einwendungen zu belehren ist (VwGH 14. 5. 2014, Ro 2014/06/0011).  Angesichts des unbestrittenen Hinweises auf die Rechtsfolgen des Unterlassens von Einwendungen in der Kundmachung der mündlichen Verhandlung trifft die Behörde keine weitere Manuduktionspflicht über die Erhebung von Einwendungen.  Die Behörde ist auch nicht verpflichtet, die Parteien darauf hinzuweisen, dass sie bestimmte Beweisanträge stellen, Beweismittel vorlegen oder Sachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten müssen (VwGH 29. 1. 2016, Ra 2015/06/0124).

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