Gregory Autin | January 12, 2024
Die Beanstandung eines amtlichen Gutachtens im Naturschutzverfahren setzt voraus, dass Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Beweiskraft eines Gutachtens begründet werden, damit sich das zuständige Landesverwaltungsgericht mit der Angelegenheit befassen kann.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich der Sachverständige selbst subjektiv befangen fühlt. Befangenheit oder der Anschein einer Befangenheit kann durch die entsprechende Norm des § 7 AVG Befangenheit von Verwaltungsorganen wahrgenommen werden: „Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, … wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“.
In einer Entscheidungstext des OGH (11Os51/13d): „Der Sachverständige ist nach der geltenden Rechtslage zur Objektivität gegenüber den Verfahrensparteien verpflichtet und hat sowohl Befundaufnahme als auch Gutachtenserstattung nur nach den Regeln seiner Wissenschaft vorzunehmen (§§ 125 Z 1, 126 Abs 1 und Abs 2 StPO)“. Diese Verpflichtung ist auch in den Standesregeln der Sachverständigen enthalten.
In einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof (VwGH Ro 2016/09/0009) wird ein angefochtener Beschluss wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts für nichtig erklärt: „In dieser Sachlage erblickt das Bundesverwaltungsgericht einen Grund zur Annahme, es sei der äußere Anschein einer Voreingenommenheit der Sachverständigen gegeben, der sie darin gehindert habe, als unbefangene Sachverständige schon im Verfahren vor dem Bundesdenkmalamt tätig zu werden. Zum Vorliegen eines Befangenheitsgrundes genügten schon Umstände, die eine Parteilichkeit wahrscheinlich machten bzw. einen Anschein einer Befangenheit begründeten.“
In einer Entscheidungstext des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (LVwG-AV-821/002-2018; LVwG-AV-822/002-2018): “Die Aufgabe von Amtssachverständigen ist es schließlich unparteiisch und objektiv eine vorgegebene Sachlage fachlich zu beurteilen (VwGH 29. 5. 2018, Ra 2018/03/0018).” Die Objektivität des Sachverständigen ist zu bezweifeln, „zumal nicht bloß zumindest der Anschein erweckt wird, dass eine parteiische Entscheidung (er)möglich(t) wird“. … Dieser hohe Anspruch an die Objektivität macht es verständlich, dass den technischen Maßzahlen hohes Gewicht beigemessen wird (sind diese doch reproduzierbar bzw. müssen reproduzierbar sein)“.